Ich bin mir sicher, dass es (mindestens) 3 Sphären unserer Existenz gibt: „Vor dem Leben“ wäre dann die 1. Sphäre, das „Leben“ die 2. Sphäre und „nach dem Leben“ die 3. Sphäre.
Wenn wir von einer Sphäre in die nächste übergehen (transformieren), weinen die Zurückbleibenden der alten Sphäre und die Wartenden der neuen Sphäre freuen sich.
Vielleicht sind die 3. und 1. Sphäre identisch. D.h.
mein Sohn Felix hätte Recht, wenn er meint, dass wir „nach dem Leben“ wieder da sind, wo wir „vor dem Leben“ waren.
Das wäre dann so etwas wie das aus der traditionellen chinesischen Philosophie bekannte
Yin und Yang.
Bei unserer 1. Transformation in den "leiblichen" Zustand (das ist der Zustand, den wir als "Leben" bezeichnen) freuen sich die diesseitigen Beobachter unserer Geburt und die Zurückbleibenden dieser Transformation – in der 1. Sphäre - weinen.
Bei unserer 2. Transformation, die wir als "Sterben" bezeichnen –von der 2. in die 3. Sphäre - weinen die diesseitigen Beobachter und die Wartenden der 3. Sphäre freuen sich. In dieser 3. Sphäre, die wir in der Religion als "Jenseits" bezeichnen, ist diese Transformation eine Geburt.
Wahrscheinlich ist unser "Leben" nur eine Art Schwangerschaft der 3. Sphäre. Aus der 3. Sphäre gesehen ist dann jemand, der in unserer Welt mit 60 stirbt (d.h. in die 3. Sphäre übergeht), eine "Früh-Geburt".
Da das "Geschöpfte" den "Schöpfer" nicht begreifen kann (eine Uhr würde sich Ihren Schöpfer stets als eine Art "Über-Uhr" vorstellen, da ja ein fleischliches, lebendes Wesen jenseits ihres Gedankenhorizontes wäre), wird es auf alle diese Gedanken keine Antwort geben.
Aber tröstlich sind diese Vorstellungen schon!
In GEO 08/2021 berichtet die Palliativ-Medizinerin und Sterbe-Begleiterin Karin Oltmann:
"Ich habe eine Art Bild, von dem ich Sterbenden erzähle:
Ehe man geboren wird, hat man es eigentlich ganz gut. Man schwebt geborgen im Mutterleib, hört den beruhigenden Herzschlag. Dann beginnt die Geburt, und man kommt auf die Welt - oft unter Angst,
Schmezen und Luftnot. Und natürlich kann kein Baby irgendwann zurück und den nachfolgenden Babys berichten: "Leute, das war jetzt zehn Stunden schlimm, aber jetzt ist alles gut."
Wenn wir sterben, müssen wir eine ähnliche Schwelle wie bei unserer Geburt überschreiten. Da ist nicht immer Angst, Luftnot und Schmerz, doch etwas Unangenehmes ist meistens mit dabei. Aber
danach ist alles gut."
Dieses tröstende Bild entspricht genau dem Vorgehen, das ich unter dem Kapitel "Herterich's Rasiermesser" beschrieben habe.