Wasser, immer noch das beste Löschmittel
Vorbemerkung
„Wasser ist zum Waschen da, fallerie und fallera, - auch die Feuerwehr benötigt Wasser sehr...“. So lautete ein Schlager der 50er Jahre.
Aus dem Wasser kommen wir; Wasser ist unser Lebens-Element. Und Wasser ist nahezu das universale Löschmittel. Aber nicht nur zum Feuerlöschen, sondern auch zum ,,Niederschlagen" von Schadstoffen, z.B. bei Gas-Ausbrüchen, wird das Wasser von der Feuerwehr eingesetzt.
Zitat (Dr. 0. Herterich, Wasser als Löschmittel, 1960):
,,Unter allen Löschmitteln besitzt das Wasser die weitest verbreitete Anwendung, da es
· billig ist und in den meisten Fällen in der Nähe des Brandherdes in ausreichender Menge zur Verfügung steht,
· sich durch Pumpen und Schlauchleitungen auch über große Entfernungen fördern lässt,
· ungiftig sowie chemisch neutral ist und
· naturgegeben das wirksamste Löschmittel für die normalauftretenden Brände darstellt."
Für den Einsatz des Wassers bei der Feuerwehr besitzt das Wasser jedoch einige Nachteile. Seit Jahrhunderten - teilweise seit Jahrtausenden - wird versucht, durch ,,Zusätze" diese Nachteile auszugleichen bzw. die Wirksamkeit des Wassers zu erhöhen. So berichtet schon Archimedes, dass sich das ,,Griechische Feuer" - ein Vorläufer von Napalm und Brandbomben, dessen Zusammensetzung bis heute noch nicht genau geklärt ist - nur löschen lässt, wenn das Löschwasser mit Essig versetzt ist.
Nachteile des Wassers und möglicher Ausgleich
1. Wasser gefriert bei 00 C
D.h. es wird ,,fest" und lässt sich dann weder über Rohre transportieren bzw. über Düsen an den Ort des Geschehens
spritzen. In ortsfesten Löschanlagen, Wasserbehältern und Feuerlöschern, die außerhalb frost-geschützter Anlagen untergebracht sind, ist es deshalb notwendig, Frostschutz-Zusätze zu
verwenden. Im allgemeinen wird dadurch das Wasser bis -150 C bzw. -300 C frostgeschützt. Als Frostschutzmittel kommen Salze (Calciumchlorid, Magnesiumchlorid usw.) oder
Alkohole und Glykole in Frage.
Salze haben den Nachteil, dass die Korrosionswirkung des Wassers wesentlich erhöht wird, Alkohole und Glykole den Nachteil, dass sie selbst brennbar sind. Um Wasser z.B. bis -300 C
frostbeständig machen zu können, müsste soviel Glykol zugesetzt werden, dass die Lösung selbst wiederum brennbar und somit als Löschmittel ungeeignet wird.
2. Wasser wirkt korrodierend auf metallische Behälter
Beim Aufbewahren von Wasser in Behältern, die nicht aus rostfreiem Stahl bzw. aus Kunststoffen bestehen, tritt Korrosion ein, d.h. die Behälter werden im Laufe der Zeit durch Rost angegriffen. Die Zugabe von sog. Korrosionsschutzmitteln wird heute nur noch in ortsfesten Löschanlagen (z.B. Sprinklern) durchgeführt. Durch die Auswahl korrosionsfester Behälter wird der Einsatz von korrosionshemmenden Zusätzen überflüssig.
3. Wasser ,,vergammelt" im Laufe der Zeit
In nicht behandeltem Wasser bilden sich beim Stehen Bakterien, die zu Schimmel-, Algen- oder Fäulnisbildung führen. Wasserlöschern bzw. Behältern von Sprinkleranlagen werden zum Stabilisieren des Wassers Biozide in geringen Mengen zugesetzt.
4. Wasser ist für manche Zwecke zu „zäh"
Die Oberflächenspannung des Wassers ist relativ hoch (etwa 3 mal größer als die der meisten anderen Flüssigkeiten). Durch Zusätze von Netzmitteln (Detergentien) wird die Oberflächenspannung des Wassers herabgesetzt und die ,,Benetzbarkeit" z.B. beim Einsatz zum Löschen von Textilballen, Torf, Kohlehalden usw. erhöht. Das Wasser wird ,,nasser". Dadurch wird die Löschzeit verkürzt und der Löschwasserverbrauch verringert.
Die ,,Zähigkeit" des Wassers ist weiterhin nachteilig beim Transport des Wassers durch Schläuche. Neuartige Zusatzmittel zum Wasser machen das Wasser im Schlauch ,,schlüpfriger", d.h. vermindern den Druckverlust in der Schlauchleitung. Gleichzeitig tritt eine Vergrößerung der Wurfweite bei Vollstrahl ein. Nach Literaturangaben soll der Druckverlust um bis zu 70% vermindert und die Wurfweite des Vollstrahles um 70% vergrößert werden.
5. Wasser nimmt die Wärme nicht schnell genug bzw. nicht vollständig auf
Im Idealfall wird genau die zum ,,Löschen“ notwendige Menge an Wasser zugeführt und verdampft vollständig. Löschwasser, das sich außerhalb der Brandstelle ansammelt, ist entweder im Überschuss oder an der falschen Stelle verwendet worden (,,Kontaminiertes Löschwasser ist das Blut, das vom Operations-Tisch tropft!")
Wasser ist für manche Zwecke zu ,,flüssig"
Beim Löschen von Glutbränden reicht die Kontaktzeit zwischen dem Wasser und dem brennenden Gut oft nicht aus. D.h. das Wasser fließt zu schnell ab, bevor es dem Feuer die optimale (zum Löschen notwendige) Wärmemenge entzogen hat.
Das nicht optimale Ausnutzen des Wassers bedingt zwei Effekte:
1. Es muss mehr Wasser herangeschafft und eingesetzt werden als eigentlich (zum Löschen des Brandes) notwendig wäre. D.h. es treten Versorgungs- und Nachschub-Probleme auf (z.B. bei Waldbränden).
2. Überschüssiges Wasser (z.T. durch Brandgut und Zersetzungsprodukte kontaminiert) sammelt sich außerhalb des Brandes an und führt u.U. zu großen Umweltschäden (z.B. Brand bei Sandoz in Schweizerhalle/Basel).
Durch Zusatz von Geliermitteln, d.h. Stoffen, die das Wasser zäher und haftender machen, kann man die Kontaktzeit mit dem Brandgut und damit die Löschwirkung des Wassers vergrößern. Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung von Schwer-Schaum an Stelle von Wasser. Nachteilig ist hierbei jedoch die geringere Wurfweite.
Das verwendete Wasser hat eine zu geringe Oberfläche
Die Wärmeaufnahmefähigkeit des Wassers ist beachtlich; 1 Liter Wasser kann bei vollständiger Verdampfung dem Feuer ca. 1 kWh an Wärme-Energie entziehen.
Das bedeutet, dass die Verdampfung von 1Liter Wasser pro Sekunde eine Wärme-Leistung von etwa 3 MW „vernichtet“!
Dabei hängt die Verdampfungsgeschwindigkeit und damit die Löschwirkung von der Oberfläche des Wassers ab. Zerteilt man das Wasser in möglichst viele kleine Tröpfchen, so kann man theoretisch eine unendlich große Oberfläche schaffen.
Beträgt der Durchmesser der Tropfen 1/1000 mm (= 1 mm), so ergibt sich je 1 Liter Wasser eine Oberfläche von 6000 m³! Und bei 0,1 mm Tröpfchengröße ergeben sich 60.000 m³ Oberfläche pro Liter. Diese riesige Oberfläche ermöglicht praktisch einen „schlagartigen“ Wärme-Entzug.
Durch die Fein-Zerstäubung des Löschwasser erreicht man (mit dem Nachteil der geringen „Wurfweite“) extreme Löschwirkungen.
6. Wasser ist elektrisch leitfähig
Bei Bränden in elektrischen Anlagen ist die Leitfähigkeit des normalen Wassers - bedingt durch Verunreinigungen und gelöste Salze - von Nachteil. Einerseits entstehen durch den Einsatz von Wasser Kurzschlüsse und damit Zerstörungen an elektrischen Teilen, andererseits ist nach dem Trocknen des verwendeten Wassers durch Zurückbleiben dieser gelösten Bestandteile oftmals eine Funktionsfähigkeit von empfindlichen Anlagenteilen (Elektronik) nicht mehr gewährleistet.
Der Einsatz von ,,Edelwasser", d.h. absolut reines, destilliertes Wasser (vollentsalztes Wasser), wäre ein im wahrsten Sinne des Wortes „saubere Lösung“. Eigene Versuche haben gezeigt, dass die Idee funktioniert: Ein in vollentsalztes Wasser versenkter (alter) Fernsehapparat lief auch unter Wasser weiter. Nach dem Trocknen zeigten nur die aus Papier bestehenden Lautsprecher „Auflösungserscheinungen“.
7. Wasser ist schwerer als Mineralöle
Zum Löschen von Mineralölbränden erweist sich Wasser als ungeeignet, da es schwerer ist als das brennende Mineralöl und daher wirkungslos in diesem versinkt. Zur Lösung dieses Problems muss man das Wasser ,,leichter" als die Mineralöle machen.
Durch Zusatz von Schaumbildner (Detergentien) und anschließender Vermischung mit Luft entsteht ein sog. Löschschaum, der je nach Verfahren zwischen 10 und etwa 1000 mal leichter ist als das ursprünglich eingesetzte Wasser. Man spricht von Schwer-, Mittel- und Leichtschaum. Ein gängiger Mittelschaum hat z.B. eine 75fache Verschäumung, d.h. aus etwa einem halben Liter Schaumbildner werden mit 13 Litern Wasser 1.000 (!) Liter Schaum erzeugt.
Eine weitere Methode, das Wasser leichter als Mineralöle zu machen, besteht darin, dem Wasser synthetische Fluor-Carbon-Detergentien zuzufügen um damit zu erreichen, dass sich auf der Oberfläche des Mineralöls ein dünner wasserhaltiger Film bildet (AFFF-Schaummittel; AFFF = aqueous film-forming foam).
Auch der Einsatz von feinzerstäubten Wasser löst das o.g. Problem elegant.
8. Wasser ist gegenüber Gasen nicht reaktionsfreudig genug
Bei der Verwendung von Wasser zum Auswaschen von toxischen Gasen aus der Luft (z.B. Errichtung von Wasserwänden bei Gasausbrüchen) besteht der Nachteil, dass die Gase sich im Wasser nur physikalisch, und damit nur sehr wenig lösen (Absorption).
Durch Zusatz von geeigneten ,,Bindemitteln", d.h. Chemikalien, die chemisch mit den Gasen reagieren, erfolgt eine weitgehende Lösung dieser Gase in Wasser (Chemiesorption).
Dies wird z.B. beim Einsatz von Thiosulfatlösung gegen Chlor-Emissionen und von Ammoniaklösungen gegen Phosgen-Emissionen mit Erfolg angewendet.
Da ähnlich wie bei der Wärme-Aufnahme die Oberfläche des Wassers möglichst groß sein sollte, ist der Einsatz von feinzerstäubtem Wasser sowohl bei der Adsorption, als auch bei der Chemiesorption vorteilhaft.
Zusammenfassung:
„Trotz der Fortschritte auf dem Gebiet der chemischen Löschmittel in den letzten Jahren hat das Wasser als „universales“ Löschmittel an Bedeutung nichts eingebüßt. Durch seine gesteigerte Löschwirkung bei Anwendung in zerstäubter Form hat es vielmehr an Bedeutung noch gewonnen und seinen Anwendungsbereich noch erweitert“ Diesem Klappentext des Buches „Wasser als Löschmittel“ (O. Herterich) von 1960 ist auch im Jahre 2001 nichts hinzuzufügen!