Die deutschen U-Boote im 2. Weltkrieg
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ein Kamikaze-Unternehmen
Seit meiner Jugend (Geburtsjahr 1946) habe ich mich für U-Boote interessiert. Vielleicht auch, weil mein Vater -bevor er Minen-Räumer wurde- im Krieg einige Monate auf einem Minenleger-U-Boot fuhr. Und weil mich der Mut und die Hingabe der U-Boot-Männer faszinierte.
Ich habe natürlich Dutzende von Büchern über dieses Himmelfahrts-Kommando gelesen. „Das Boot“ als Buch und als Film verschlungen und und und ....
aus http://www.u-995.com/
U-995 steht als technisches Museum am Strand von Laboe, direkt neben dem Marine-Ehrenmal.
Insgesamt waren vom Kriegsbeginn bis zum Kriegsende 859 U-Boote als Frontboote im Einsatz. Das bedeutet bei einer Regelbesatzung von 45 Mann eine Kampfstärke von fast 40.000 Mann. Eigentlich verschwindend wenig im Vergleich zu den insgesamt fast 17 Millionen deutschen Soldaten. Alleine in Stalingrad gingen fast 300.000 deutsche Soldaten verloren. (Und doppelt so viele Sowjet-Soldaten)
Verloren (welch ein Euphemismus!) gingen von den 859 Booten 662 Boote (davon 215 auf der ersten
Feindfahrt).
Bis auf wenige alle mit Mann und Maus.
Das war eine Ausfall-Quote von 82 %!
Interessant ist, dass in der ersten Kriegshälfte (9/39 bis 9/42) nur 94 U-Boote versenkt wurden.
In der 2. Kriegshälfte (9/42 bis 5/45) gingen dagegen (wegen der verbesserten Luftaufklärung) 568 Boote verloren. Viele kurz vor der Einfahrt in den Heimathafen! Kein Wunder, dass Lothar Günther
Buchheim, der Autor des Buches „Das Boot“, den Befehlshaber der U-Boote -Admiral Dönitz (10 Jahre Zuchthaus im Nürnberger Prozess)- als Verbrecher bezeichnete.
Die Gesamtzahl der von deutschen U-Booten versenkten alliierten Schiffe betrug etwa 3.000. In
der Regel Handelsschiffe mit durchschnittlich 5.000 BRT. Über 30.000 Seeleute fanden dabei den Tod. Etwa die gleiche Anzahl wie die umgekommenen U-Boot-Fahrer.
Pro geopfertem U-Boot (mit 45 Mann) wurden im Schnitt 4 feindliche Schiffe versenkt. Eine mickrige „Ausbeute“!
Ab Frühjahr 1943 bis Kriegsende betrugen die Verluste 1 U-Boot pro versenktes feindliche Schiff!
Die U-Boot-Besatzungen waren eigentlich Kamikaze-Matrosen!
Bei jeder Feindfahrt gingen im Schnitt 1/3 der Boote verloren. D. h. von 3 ausgefahrenen Booten kamen 2 zurück. Das heißt aber auch, dass von den ersten 2/3
Überlebenden nach der 2. Feindfahrt wieder nur 2/3 zurückkamen usw. Im Resultat bedeutete das, dass von ursprünglich 10 Booten nach 5-6 Fahrten nur noch ein einziges übrig war!
(ab 1944 sank die Verlust-Rate pro Fahrt auf 80 - 90 %)
Die Ausbildung der Mannschaft betrug etwa 3 Monate. Dies war der eigentliche Engpass. Denn ab 1944 schaffte es der geniale Rüstungsminister Albert Speer (er bekam 20 Jahre Zuchthaus im Nürnberger Prozess), dass täglich 1 U-Boot vom Stapel lief. Welches dann nach 3 Monate Ausbildung mit einer Chance von 10 -20 % von der ersten Feindfahrt wieder in den Heimathafen Lorient zurückkam. Und dann nach 4 Wochen Aufrüstung und Reparatur zum 2. und wahrscheinlich letzten Mal auslief!
Im Vergleich dazu hatten die alliierten Bomber des 2. Weltkrieges über Deutschland ca. 5-8 % Ausfall pro Flug. (Am Verlustreichsten war der US-Angriff auf
Schweinfurt am 17. August 43: Jeder 3. Bomber wurde abgeschossen!
Im Durchschnitt waren nach 6 Flügen die Hälfte der Flugzeuge (und deren Besatzungen) ausgefallen; nach 10 Flügen (etwa 1 Monat, da jeden 3. Tag geflogen wurde) ergab sich ein Ausfall von 2/3 der
Flugzeuge und Besatzungen.
Die Zahl der amerikanischen Piloten, die über Deutschland fielen, betrug ca. 46.000 Mann.
Die Briten hatten bei den 125.000 an Bord von Flugzeugen des britischen bomber command eingesetzten Männer 73.741 Verluste (Tote, Verletzte oder Kriegsgefangene).
Schätzung: 6000 Bomber Verluste mal 8 Mann Besatzung + 2000 Jagdpiloten von US Air Force und Royal Air Force ergeben 50.000 Flieger insgesamt.
Cajus Bekker erwähnt 1964 in der Erstausgabe seines Buches "Angriffshöhe 4.000" einen Gesamtverlust der allierten Bomber von ca. 100.000 Mann. Hierin sind aber auch die verwundeten und
gefangengenommenen Flieger enthalten
Die deutschen zivilen Verluste durch den allierten Bombenkrieg betrugen etwa 600.000 Menschen.
Man möge mir die kaltschnäuzigen Begriffe wie „Verlust-Rate, Rückkehr-Chance usw.“ verzeihen. Mir ist klar, dass es Söhne von weinenden Müttern waren, die bei diesem Irrsinn ihr Leben im wahrsten Sinne „opferten“!
(Quelle der U-Boot-Zahlen: Clay Blair, U-Boot Krieg, Heyne Verlag 1999)
Es ist mir unverständlich, dass man für die "Elektro-Fahrt" unter Wasser die U-Boote mit Blei-Akkus (damals "Sammler" genannt) ausrüstete.
Bei einer Beschädigung (z.B. durch WaBos) der Akkus reagierte die ausgelaufene Schwefelsäure mit dem salzhaltigen See-Wasser in der Bilge zu ätzendem Salzsäure-Gas:
H2SO4 + NaCl ==> Na2SO4 + HCl
Selbst wenn die Sammler nicht beschädigt waren, fand an den Polen der Akkus die Elektrolyse des salzhaltigen Seewassers (Kochsalz-Elektrolyse) zu giftigem Chlorgas
und leichtentzündlichem Wasserstoff statt :
2 NaCl + 2 H2O ==> Cl2 + H2 + 2 NaOH
(diesen Hinweis verdanke ich Andreas Josef Krüger)
Nicht wenige Boote musten nach einem Wasser-Bomben-Angriff durch diese Chlor-Freisetzung notauftauchen. Die Alternative zum Auftauchen war das Ersticken der Mannschaft!
In dem ausgezeichneten Buch "U-Boote gegen England" von J. P. Mallman-Showell ist beschrieben, wie die falsche Bedienung der U-Boot-Toilette durch den Kommandanten (!) durch diese Reaktion zum Verlust von U 1206 führte:
"Ein U-Boot, U 1206 unter Kommando von Kptl. Schlitt, wurde als direktes Ergebnis falscher Bedienung des Abortes versenkt.
Kptl. Schlitt versuchte die Hebel (der Hochdruckpumpe des Abortes zum Auspumpen seines "Geschäftes) selbst zu bedienen und hatte Schwierigkeiten, den Inhalt des Abortes 'rauszubekommen.
Der L.I. schickte in der Vermutung, dass der "Alte" von der Technik nichts verstand, einen von den "Lokus-Doktoren" (so wurden die Leute genannt, die für die Bedienung dieses
Hochdruck-Abortes ausgebildet waren), um ihn zu befreien. Irgendwie wurden, nachdem sich nun zwei Männer den Kopf zerbrachen, die Hebel in der falschen Reihenfolge bedient, so dass der Inhalt des
Aborts zusammen mit einem dicken (Meer-)Wasserstrahl den Männern ins Gesicht schoss.
Als der L.I. sah was geschehen war, brachte er das Boot auf Sehrohrtiefe, um den hohen Wasserdruck zu vermindern. Dabei konnten die Männer die Ventile schließen.
Immerhin war aber eine große Menge Salzwasser in das Boot gekommen und in die Batterien unter dem Abort gelaufen. Langsam begann Chlorgas sich im Boot zu verbreiten, und Schlitt blieb nichts
anderes übrig als aufzutauchen, um das Innere des Bootes zu durchlüften.
Als U 1206 durch die Wasseroberfläche brach, wurde es von einem Flugzeug mit Wasserbomben belegt, die ein Tauchen und eine Weiterfahrt unmöglich machten. Das Boot musste aufgegeben werden" (Ende
des Zitates).
Eine disbezügliche Stelle aus "Welt online"==> "Shit happens!"
https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article146745903/Bedienfehler-in-Toilette-brachte-U-Boot-zum-Kentern.html
Am 14 April überkam Schlitt ein menschliches Bedürfnis. Er vertraute auf seine Erfahrung im Umgang mit WCs und setzte den Spülmechanismus in Gang. Doch irgendetwas ging schief. Auch der Techniker, den der Schiffstechnische Offizier seinem Kapitänleutnant zur Hilfe schickte, fand nicht mehr den richtigen Verschluss. Ein kraftvoller Strahl gebrauchten Wassers ergoss sich in die Enge des Bootes.
Unter der Last des Wassers soll das Boot „wie ein Stein“ weggesackt sein, erinnerte sich ein Überlebender. Mehr noch, denn bald flutete das Wasser die Bordbatterien, was eine chemische Reaktion auslöste. Chlorgas verpestete die muffige Luft im Bootsinneren.
Schlitt hatte keine Wahl und befahl das sofortige Auftauchen. Um schneller an die Oberfläche zu kommen, trennte sich die Mannschaft von den 16 Torpedos und den Ballasttanks. Über Wasser
musste der Kommandant erkennen, dass er umgehend von britischen Patrouillen-Fliegern erfasst worden war; ein Angriff gegen das wehrlose Boot war nur noch eine Frage von Minuten.
Die Mannschaft versenkte das Boot und hoffte, in Schlauchbooten die schottische Küste zu erreichen.
"Als wir versuchten, bei starkem Seegang entlang der Steilküste zu navigieren, kamen drei Mitglieder der Mannschaft auf tragische Weise zu Tode", gab Schlitt zu Protokoll. Er überlebte den Krieg.
Erst 2012 entdeckten Taucher das Wrack von U-1206. Es liegt zwölf Meilen vor Cruden Bay, Aberdeenshire, auf dem Grund der Nordsee.
Zweierlei Maß
aus https://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/kriegsrecht/schiffbruechige.htm
26.1.1943
Südwestpazifik
Bei einer Aufklärungsmission vor Neuguinea versenkt das amerik. U-Boot Wahoo (LtCdr Morton) den japan. Truppentransporter Buyo Maru (5447 BRT) und den
Frachter Fukuei Maru # 2 (1901 BRT). Als Wahoo an der Versenkungsstelle auftaucht, befindet es sich in einer Menge von geschätzt 10.000 auf Flößen befindlichen und im Wasser
schwimmenden überlebenden japan. Soldaten. Über 1 Stunde lang läßt der U-Bootkommandant die Schiffbrüchigen mit Geschütz und Maschinengewehren beschießen, bevor das U-Boot abläuft. Wie später
rekonstruiert werden konnte, starben bei der Versenkung der Buyo Maru insgesamt 282 Menschen (195 indische Kriegsgefangene und 87 Japaner).
Nach der Rückkehr in Pearl Harbour wurden Morton und seine Besatzung begeistert empfangen und als Helden gefeiert. Morton wurde zum Star der US-Medien und für seine Leistungen wurde ihm das Navy Cross verliehen.
13.3.1944
Südatlantik
U 852 (Kptlt. Eck) versenkt durch Torpedoangriff den griechischen Frachter Peleus (4695 BRT). Bei dem Versuch, verräterische Wrackteile mit der Bordkanone zu versenken, wird die
Erschießung von Schiffbrüchigen, die an dem Treibgut Halt suchen, vorsätzlich billigend in Kauf genommen. Nach Kriegsende werden Kptlt Eck und seine Offiziere in Hamburg vor ein englisches
Kriegsgericht gestellt, Eck, der II WO, Lt.z.S. Hoffmann, und der Bordarzt Dr. Weispfennig werden zum Tode verurteilt und am 30.11.1945 hingerichtet, der zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilte
STO, Lt.z.S. Lenz, kommt 1951 frei.
Laut Gerhard Frhr. v. Ledebur „Die Seemine“, Lehmanns Verlag München
betrugen die Gesamt-Schiffs- Verluste der Allierten im 2. Weltkrieg 21.194.000 BRT;
wovon 6,657 Mio. BRT den Minen und 14,537 Mio BRT den U-Booten zum Opfer fielen.
D.h. trotz des Kamikaze-Einsatzes der U-Boote waren sie nur etwa 2 mal so „erfolgreich“ wie die Minen.
Es wurden etwa. 636.000 Minen in den europäischen Gewässern ausgelegt, wodurch etwa 6.700 Schiffe (zu über 90 % Handelsschiffe) verloren gingen. Die „Ausbeute“ betrug demnach ca. 100 : 1.
(Im 1. Weltkrieg betrug die Erfolgs-Rate nur 300 : 1)